Als ich den Lehrer das zweite Mal getroffen hatte, war ich schon längst nicht mehr in der Firma, sondern krank geschrieben. Es war kurz vor Ende der Sommerferien. Ich hatte ewig nichts von ihm gehört. An sich nicht schlimm, denn er hatte mir nach dem ersten Kennenlernen ja gesagt, dass ich nicht seine Traumfrau bin. Und er hatte einige seltsame Verhaltensweisen an den Tag gelegt... die bedenklich sind. Und heute kam plötzlich kam eine SMS:
er: Huhu. Da bin ich wieder in [Ort]
Für mich kam das überraschend. Nach dem ersten Treffen war er ein paar Tage später bei mir und meinte, ich sei nicht seine Traumfrau... Sein Verhalten kam mir nach dem ersten Treffen so seltsam vor, dass ich einfach sagte, es interessiert mich nicht. Er erinnerte mich ein bisschen an ein paar andere Typen, die ich kennengelernt hatte, seitdem ich hier wohne. Sie werden sehr schnell persönlich, erzählen Dir ihre ganze Lebensgeschichte, beichten ihre schlimmsten Geheimnisse, idealisieren Dich und dann ... kein Interesse bis hin zum Fertigmachen, Abwerten. Es fühlt sich an als würde man eine Beziehung in Lichtgeschwindigkeit durchleben. Abschnitte wie das Kennenlernen, vertraut werden und die Trennung werden innerhalb weniger Tage durchgespielt.
Was viele von ihnen gemeinsam hatten, war, dass sie mich beschimpften oder mich auf andere Weise fertig machten, wenn ich nicht ihrem Idealbild entsprach oder sie sich langweilten, um mich dann loszuwerden Ein Bsp.: Er, schlechte Kindheit, Eltern Alkoholiker, er hatte seiner Ex-Freundin weh getan, bereut es nun zutiefst. Ein paar Tage später meinte er zu mir, ich sei nichts Besonderes, bestimmt Borderline oder so. Seine Ex-Freundin sei das ja auch gewesen (die, der er weh getan hat). Ein Bekannter: schlechte Kindheit, gab seinem Vater die Schuld, dass er ihn verlassen hatte (der Vater war gestorben), ... Er, Automechaniker, seiner Ex war so eifersüchtig, und früher habe er wirklich gut ausgesehen (muskulös und so). Nachdem er merkte, dass ich nicht auf seine Spielchen einging, war ich eine "eiskalte Zicke". Er, Beamter, seine Frau sei "verrückt" und neurotisch, sie wolle ihm das Haus und alles wegnehmen, er suche eine neue Lebenspartnerin. Dieser Typ hatte in seinem Schlafzimmer einen "Schrein" (anders kann ich das nicht bezeichnen) mit Bildern seiner ca. 6jährigen Tochter. Er selbst war aufgedreht, sehr impulsiv. Am Ende stellte ich fest, dass er keine Beziehung sucht. Er hätte auch in ein Fachgeschäft gehen können; wäre mit der Zeit wohl günstiger. Und bei allen hatte es sich um erwachsene Personen gehandelt, entweder in meinem Alter oder älter, die anfangs sehr nett und zuvorkommend waren. Und auch nicht dumm. So viel zu der Frage, warum ich Single bin. Vor allem in den letzten sechs Jahren, also seitdem sich mein Exfreund von mir verabschiedet hatte, habe ich nur solche Typen kennengelernt. Was mir auch aufgefallen ist: Viele dieser Männer waren sehr darauf aus, dass man Dinge allein macht, dass man gewisse Entscheidungen, z.B. ob man sich mit ihnen trifft, allein trifft. Nun weiß ich warum.
Dieser Lehrer war nicht anders.
ich: Herzlich Willkommen :) [Was will man sonst drauf antworten?]
er: Haste Lust auf einen Wein?
[Diesen Satz brachte er ein paar Mal. Routine. Selbst nachdem er mich abserviert hatte, schrieb er mir so etwas zwischendurch per SMS. Hier fragt man sich, was will der eigentlich? Wobei man sich die Frage auch wieder sparen kann.
Zum 1. Treffen mit dem Lehrer: Beim Italiener sagte er mir, er sei ja nur ein langweiliger Lehrer. Er lud mich danach in seine Lieblingskneipe ein. Nicht da, wo die Eltern hingehen, weil das wäre ihm peinlich. Er bot mir auf dem Weg dahin einen Kaugummi an und gab mir sogar seine Jacke. (so viel zum Gedächtnis; ich werde aber nur ein paar Eckpunkte nennen) Er meinte, in seiner Kneipe gäbe es "echte Menschen" (siehe Aussage der brünetten Doktorin, Zufall?) Er spendierte mir einen Cola-Whiskey nach dem anderen, obwohl ich ihm sagte, dass ich nichts vertrage... Hab mich jedoch überreden lassen. Er zeigte auf einen anderen Gast. Eine blonde Frau, vielleicht um die 35 oder 40. Sie hätte es bei ihm schon ein paar Mal probiert, aber sie sei nichts für ihn. Er stehe auf richtige Frauen. Der Barkeeper sei ein klasse Typ, ein top Programmierer, Web-Development. Rechts von uns saßen zwei ältere Männer. Die würden sich wirklich sehr gut in Sachen Zweiter Weltkrieg auskennen. Der Typ links von mir hatte leichten Mundsgeruch. Der Lehrer redete viel über Musik und... wie Sprudelwasser. Am Ende war ich richtig schön betrunken. Er meinte anschließend, er wolle eine DVD anschauen... Von dem restlichen Abend des ersten Dates weiß ich nicht mehr allzu viel, nur noch einige Bruchstücke. Er fragte, wie viele Freunde ich schon gehabt hätte. Ich sei seine Nummer 23. Er sagte auch, er würde Kinder hassen. Er hat ja mit fast erwachsenen Jugendlichen zu tun. Andererseits erinnere ich mich, dass er mich ganz seltsam anschaute - wie ein Stück Fleisch - und überrascht sagte, ich sei ja noch ein Kind. ... Diese Faszination bzw. die Tatsache, dass ein Typ über eine andere Frau oder mich fasziniert sagt, sie/ ich sei ja noch so jung (trotz des Alters), kannte ich auch von anderen Männern, die ich kennen lernte bzw. kannte.
Am nächsten Morgen zeigte er mir Bilder. Eins zeigte das Diner en Blanc, auf einem anderen waren seine Mutter und noch eine andere Frau zu sehen, er zeigte mir Bilder von Ultras während eines Fußballspiels. Was ich auch seltsam fand, war, dass er versuchte, mit seinem iPad ein Foto von mir zu machen, auf dem wir beide drauf sind. Das lehnte ich ab. Genau das hatte auch ein Co-Pilot gemacht, nachdem ich ihn kennengelernt hatte. Nur hatte der wiederum nicht gesungen, so wie der Lehrer - die Fußball-Hymne seiner Mannschaft. Auf einer Social Media-Plattform stellte ich dann fest, dass sein Humor... speziell ist. Dazu später mehr. So richtig einschätzen konnte ich ihn nicht.]
ich: hm... musst Du morgen nicht arbeiten?
er: Nein, ich habe morgen noch frei.
ich: dann geht das ja.
Die Wein-Frage... hatte ich angenommen. Vielleicht hatte es beim ersten Treffen am Alkohol oder an der Aufregung oder an was weiß ich gelegen. So richtig einschätzen konnte ich ihn nicht. Einerseits schien er schüchtern, zurückhaltend zu sein, auch am Arbeitsplatz schenkte man ihm scheinbar Vertrauen und mochte ihn, andererseits war er... "durchgeknallt" trifft es, denke ich.
Er wollte bei mir vorbeischauen, aber... das Risiko war zu groß. Er fragte mich, ob ich seine Adresse noch finde... und kam mir dann auch entgegen. Wir telefonierten kurz. Er beschwerte sich ungewöhnlich darüber, dass es regnete. Als wir uns trafen, begrüßte er mich, als hätten wir uns erst den Tag zuvor gesehen. Das kam mir auch seltsam vor. Auf dem Weg zu ihm meinte er, ich klinge verwirrt. Ich war ja erst ein paar Wochen krank geschrieben und immer noch fertig von den Dingen, die auf Arbeit passiert waren.
Bei ihm zu Hause tranken wir Bier. Er meinte, er sei stolz, weil er seit 6 Wochen keinen Alkohol getrunken hätte. Dann fragte er, was los sei. Ich versuchte dann, ein paar Dinge grob zu erklären - Mobbing etc. Er saß vor mir, verschränkte die Arme. Das, was ich erzählen würde, klinge ja so nach Verschwörungstheorie... Er meinte, ich klinge echt krank und sagte, dass ich dringend Hilfe benötige. Zwischendurch ging er ein paar Mal auf Toilette. Um zu telefonieren. Wenn er sprach, hatten wir keinen Augenkontakt. Es fiel ihm schwer. Er schaute nach links, nach rechts, blinzelte, sehr verunsichert. Er hatte eine Kerze auf den Tisch gestellt. Das erinnerte mich an eine Gruppe, der ich auf einer Social Media-Plattform beigetreten bin. Nachdem ich ihm das Mobbing etc. schilderte, meinte er, dass das, was ich sage absurd klinge. Fragte mich, ob ich Drogen genommen hätte. Er ging wieder auf Toilette. (Sicherlich hat er eine dieser neuen Apps.Vielleicht eine, die Dir mittels Nachricht mitteilt, wann man Pippi machen muss? Wow, Vorsprung durch Technik... Wahnsinn.) Er fragte mich, ob ich irgendjemanden hätte, bei dem ich in Behandlung sei und meinte, ich habe mir wohl vieles eingebildet. Für seinen Beruf fand ich das seltsam. Mir fiel auf, dass er sehr rational ist. Er zeigte fast kein richtiges Mitgefühl, sondern ging mehr von der logischen Seite heran. Wenn er mich anschaute, was selten vorkam, hatte ich den Eindruck, seine Mimik sei "eingeschlafen".
Was mir auch auffiel, war, dass der Lehrer mich mehrmals aufforderte, ich könne rauchen, wenn ich möchte. Dabei hatte ich ihm bereits zum ersten Date gesagt, dass ich seit einiger Zeit Nichtraucher bin und ich ich hatte ihn zum heutigen Treffen bereits mehrmals daraufhin gewiesen.
[Das erinnerte mich an Chef A, der hatte auch ein paar Mal gemeint "Vielleicht solltest Du wieder mit Rauchen anfangen."] Dann machte der Lehrer plötzlich eine Wende. Er begann plötzlich, mir zuzustimmen, verteufelte meine Ex-Chefs und Kollegen. Er setzte sich zu mich. Das machte mich fertig - erst versucht er mir einzureden ich sei krank, verwirrt und jetzt plötzlich stimmt er mir zu? Schwarz-Weiß-Denken. Er fragte, ob wir uns kurz hinlegen wollten. Ich stimmte zu. War ein Fehler.
Nach einer Weile meinte er, er sei besonders. Als ich nachhakte, sagte er, er tue Frauen weh. Nicht im gewalttätigen Sinne. Er würde Frauen "überreden" und sei erfolgreich dabei. Ich sei seine Nummer 28 oder 29. Da war er sich nicht so sicher.
[Ich fand es seltsam, dass er sie zählt. Das sagte ich ihm auch zum ersten Treffen. Er meinte, er verbinde mit jeder Frau eine Erinnerung.]
Er fragte mich, ob ich in der Zwischenzeit jemanden kennengelernt hätte. Ich sagte "nö", weil mir niemand einfiel. Er verstand 9 und meinte, das sei sehr "sportlich". Er veränderte sich plötzlich. Er redete und verhielt sich wie ein kleiner Junge. Und er wurde auch "eiskalt". Das Mitgefühl, das er vorher vorgetäuscht hatte, war nun weg. Er sagte, Frauen würden immer gleich denken, sie seien ein Paar, wobei das ja gar nicht so sei. Frauen bilden sich ein, sie könnten ihn umerziehen, aber das könne niemand. Und dann, wenn er sich nicht mehr meldet, seien sie enttäuscht. Das könne eine 1 Woche, 1 Monat oder 1 Jahr sein. Er meinte, Frauen seien selbst daran Schuld, dass er sie verletzt. Ich fragte ihn, ob er manchmal auch wie ein Kind sei. Er legte den Kopf schräg und sagte "Ja". Und meine Frage, ob er Schwierigkeiten habe, Entscheidungen zu treffen, bejahte er ebenfalls. Die Fragen hatte ich gestellt, weil mir sein Verhalten bekannt vorkam, zwar nicht in dieser extremen Form, aber ähnlich.
[Ein Kollege verhielt sich manchmal auch jungenhaft und hatte Schwierigkeiten, Entscheidungen zu treffen. Als er neu hinzukam, ging es um eine gesetzliche KV, die er abschließen sollte. Chef A stellte sich hin und meinte, so etwas brauche er nicht. Hier fragte ich auch mehrmals bei einem unserer Dienstleister an, ob der Kollege denn eine gesetzliche KV benötige. Ja, benötigt er. Chef A sagte so oft "nein" dazu - weil er ja selbst auch keine gesetzliche hatte - dass ich den Kollegen an die Hand nahm und persönlich zu einer KV-Gesellschaft brachte, damit er so eine Versicherung abschließt. Den Schaden hätte am Ende nicht die Firma gehabt, sondern der Kollege.]
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