Sonntag, 17. Mai 2015

Mülleimer-Doktrin

Unsere Firma ist in ein neues Büro gezogen. Ab und an herrschte ziemliche Unordnung. Meine morgendlichen Hinterher- bzw. Aufräumaktionen waren häufig ein Abenteuer. Ein paar Wochen nach dem Umzug griff Chef A hart durch. Er wies auf die Unordnung hin und war der Meinung, dass es nicht sein könne, dass die Angestellten im neuen Büro weiterhin so eine Unordnung hinterlassen. Er selbst räume alles sofort weg.

Anmerkung meinerseits:
Dabei hatte er vergessen, dass auch er die Käppchen überall liegen lässt. Er stellte seine leere Flaschen da ab, wo sie ihm aus der Hand fielen. Es gab Tage, an denen war es für mich wie an Ostern, nur halt ohne Hase und ohne Ostereier: Im alten Büro stand ein Sideboard an seinem Tisch. Er hatte leere Cola-Flaschen in Reih' und Glied dort verstaut. Und ich hatte mich immer gewundert, wo sie sind bzw. wer sie mitnimmt. Der Getränkedienstleister nahm nur volle Kästen zurück; somit war ich häufig gezwungen, einzelne Glasflaschen nachzukaufen. Beliebte Verstecke waren auch neben der Palme, in neben dem TV-Tisch, hinter dem Papierkorb. Liegen gelassene Tüten vom Bäcker lagen häufig auf dem Tisch, benutztes Besteck lagen manchmal auf dem Rollcontainer. Zugegeben, im neuen Büro hatte sich das gebessert. Glücklicherweise.
Wegen der ganzen Unordnung stellte Chef A nun die Regel auf, dass kein Mitarbeiter einen Papierkorb an seinem Platz haben dürfe. Chef B fügte noch hinzu, es störe sein Zen. Das machte ich nicht mit, da ich unter anderem auch für die Postbearbeitung, Buchhaltung etc. zuständig war, sich in meinem Bereich also viel Papier anhäufte.


Chef A saß hinter mir und warf seitdem fast täglich seinen Müll in meinen Papierkorb. Weitwurf, mal daneben, mal mit mehreren Anläufen, zuletzt häufiger Volltreffer. Musste an der Übung liegen. Mich nervte es. Diese immerwährenden Wiederholungen. Es fühlte sich an, als würde er mir seinen Müll zuwerfen. Aber was soll man machen? Er ist ja Chef.

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